Der Anstieg der Strompreise in Deutschland schlägt sich nun in den Rechnungen nieder. Ein Brief eines örtlichen Energieversorgers versetzt eine Familie in Brandenburg in Angst und Schrecken. Radio Berlin-Brandenburgvon (RB) Für die Erdgasrechnung in ihrem Einfamilienhaus am Berliner Stadtrand muss die Familie den Nachrichten zufolge nun statt 143 Euro monatlich astronomische 1.515 Euro pro Monat zahlen. Das ist der Familie nicht möglich. Die Erdgas-Dienstleistungsgesellschaft ist ein sehr kleines Unternehmen, das nur 20.000 Haushalte mit Gas versorgt und die Familie lange Zeit zu günstigen Preisen anlockte. Doch nun ist die Firma von der massiven Versorgungskrise hart getroffen worden.
Mit kälter werdendem Wetter und dem Beginn der Heizperiode wurden auch in Deutschland immer öfter solche Nachrichten aus Brandenburg laut. Verbraucherzentralen raten Kunden wie der Familie Brandenburg, von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen und sich nach einem günstigeren Anbieter umzusehen. Aber Benzin ist nicht mehr so billig. Die betroffene Familie fand schließlich ein anderes Unternehmen, das sie für etwa 700 Euro im Monat mit Erdgas versorgt.
Erschwingliche Energieversorger
Diejenigen, die Dienstleistungen von Unternehmen beziehen, die kein Recht haben, ihre Kunden abzulehnen, und die verpflichtet sind, Erdgas an jeden zu liefern, der es will, sind noch relativ gut aufgestellt. So ist die GASAG nach eigenen Angaben mit rund 800.000 Kunden in der Hauptstadt Berlin der größte Versorger des Landes. Anbieter, die zur Erbringung von Erdgasdienstleistungen verpflichtet sind, sind immer die größten Unternehmen einer Region.
Diese Lieferanten dürfen Neukunden nur bei erheblichen wirtschaftlichen Problemen ablehnen. Andere, kleinere private Unternehmen haben jedoch das Recht, Kunden auszuwählen. Leistungspflichtige Unternehmen wie die GASAG dürfen ab dem 1. November keine Preisunterschiede mehr zwischen Neukunden und Bestandskunden herstellen.
„Niemand sollte frieren!“
Auch die GASAG hat ihre Preise seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine stark erhöht, aber die Steigerung war noch nicht astronomisch. Im Mai stiegen die Preise von 139 auf 171 Euro für eine knapp 110 Quadratmeter große Wohnung. Ab November sind es 260 Euro monatlich.
Die GASAG ist jedoch sehr vorsichtig, ob diese Preise gültig bleiben. Der Direktor der Firma, Georg Friedrichs, veröffentlichte in Berlin Tagesspiegel „Egal wie kalt das Wetter ist, niemand sollte frieren“, sagte er der Zeitung. Wie stark und wann die Preise weiter steigen, wollte Friedrichs aber nicht kommentieren.
Lindner: „Eine Brücke in die neue Normalität“
Auch wenn Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) daran nichts ändern kann, rüsten sich Erdgaskunden für schwierige Tage. „Wir gehen davon aus, dass wir in absehbarer Zeit – 2023 – eine Normalisierung auf dem Weltmarktpreisniveau für Flüssigerdgas erleben werden, wenn auch nicht auf dem alten Niveau“, sagte Lindner. Anstelle von billigem russischem Gas, das nicht mehr geliefert werden kann, kaufen viele Länder, darunter auch Deutschland, verflüssigtes Erdgas (LNG).
Lindner sagte bei einer Veranstaltung, an der er in Berlin teilnahm, dass der Gaspreis „immer noch herausfordernd“, aber nicht destruktiv sei, und dass die Herausforderung jetzt darin bestehe, „eine echte Brücke zur neuen Normalität steigender Strompreise zu bauen“. Das heißt, die Menschen werden sich daran gewöhnen müssen, dass Energie, nämlich Gas und Strom, langfristig wertvoll bleiben.
Ein weiterer Preisfaktor: Deckungsbeitrag beim Gas
Ein weiteres gaspreisbestimmendes Element ist der Beitragsanteil, der nach langen Diskussionen am 1. Oktober in Kraft tritt. Gaskunden müssen Unternehmen unterstützen, die Alternativen zu russischem Gas zu sehr hohen Preisen auf dem Weltmarkt kaufen müssen. Experten schätzen, dass der Beitrag einen Haushalt durchschnittlich 600 Euro pro Jahr kostet.
Sollten die Preise jedoch weiter steigen, könnte eine Erhöhung dieses Beitrags auf der Tagesordnung stehen. Dadurch entsteht eine weitere Unsicherheit. Viele Experten meinen auch, dass sich die Strompreise verdoppeln könnten. Ihrer Meinung nach werden die Folgen des russischen Kriegs gegen die Ukraine die Deutschen in den nächsten Monaten hart treffen.
Energiesparen ist der einzige Ausweg
Die effektivste Maßnahme zur Senkung der Stromkosten ist also, Geld zu sparen, wo immer es möglich ist. Die gemeinnützige Verbraucherorganisation Stiftung Warentest hat errechnet, dass eine dreiköpfige Familie mit wenigen Maßnahmen jährlich rund 970 Euro an Strom und Gas sparen kann.
Strenge Stromsparfrist beginnt in Deutschland
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Beispielsweise ist es sinnvoll, kürzer und weniger heiß zu duschen und einen energieeffizienten Duschkopf zu kaufen. Laut den Testern des Werkes spart das allein rund 770 Euro an Kosten ein. Die Reduzierung der durchschnittlichen Heiztemperatur von 22 Grad auf 20 Grad spart 151 Euro. Es wird empfohlen, die Verwendung von Wäschetrocknern, die den Stromverbrauch erhöhen, so weit wie möglich zu reduzieren.
CSU verteidigt Preisobergrenze
Allerdings ist noch unklar, wie viele Bürger in Deutschland sich diese hohen Preise leisten können. Jede zweite Wohnung in Deutschland wird mit Gas beheizt. Deshalb hat die oppositionelle Christlich Soziale Union (CSU) vorgeschlagen, die Gaspreise für drei Viertel des privaten Stromverbrauchs zu deckeln.
CSU-Versammlungs-Landesgruppenleiter Alexander Dobrindt an die Augsburger Allgemeine „Für private Haushalte könnte in Erwägung gezogen werden, 75 Prozent des derzeitigen Gasverbrauchs mit einem Bürgerobergrenzenpreis zu kündigen“, sagte er. „Darüber hinaus muss der Gaspreis in voller Höhe gezahlt werden“, fügte Dobrindt hinzu. Das Problem dabei ist, dass die Differenz in der Mitte vom Staat getragen werden muss. In diesem Fall wird der Staat erneut eine enorme Verschuldung eingehen.
DW