Die Ergebnisse der Recherche des Berliner Büros der Europäischen Akademie für Politik und Wirtschaft (EAF) mit 818 Politikern, davon 525 Frauen, aus Regierung, Ländern und Kommunen in Deutschland wurden bekannt gegeben. In der Recherche wurden die Frauen gefragt, wie sie die Situation im Parlament, in der Gemeinde oder in der Partei, für die sie arbeiteten, empfanden und wie sie sich selbst fühlten. Zusätzlich zu dieser Recherche wurden 34 Tiefeninterviews mit 27 Frauen geführt. Zwei der 27 Frauen berichteten, dass sie Situationen erlebt haben, in denen sexuelle Behandlung mit dem Versprechen auf Beförderung oder politische Unterstützung gefordert wurde.
Den Ergebnissen der Untersuchung zufolge gaben 40 Prozent der Frauen an, Belästigungen ausgesetzt gewesen zu sein, während 3 Prozent angaben, sie „sehr oft“ erlebt zu haben. Während 60 Prozent der Frauen unter 45 Jahren angaben, schon einmal sexuell belästigt worden zu sein, gaben 7 Prozent an, sie „sehr oft“ erlebt zu haben.
Die meisten Belästigungen finden bei Abendveranstaltungen statt
Die Frauen gaben an, dass sie auch „unerwünschten Blicken“ und „Beschimpfungen“ ausgesetzt waren und dass diese Übergriffe meist abends stattfanden, etwa bei Parteiversammlungen oder Kongressen.
In der Kategorie der sexuellen Belästigung stuften die Forscher „unangemessene Berührungen“ oder „sexistische Äußerungen“ der Frauen ebenso ein wie „äußeres Erscheinungsbild“ oder „außergewöhnliche, obszöne Äußerungen zur Kleidung“. Mit der Feststellung, dass sexuelle Belästigung und sexistische Äußerungen auf unterschiedlichen politischen Ebenen erlebt werden können, forderten die Forscherinnen und Forscher einen Kulturwandel in der Politik.
65 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden politischen Frauen gaben an, dass von ihnen erwartet wird, dass sie sowohl in Bezug auf ihre Leistungen als auch auf ihr Aussehen und ihr Verhalten offen für unterschiedliche Anfragen sind. Fast die Hälfte der Frauen gab an, dass ihre Meinung weniger ernst genommen und ihre Gespräche häufiger unterbrochen würden.
Quotenanalyse?
In der Recherche wurden Frauen auch zu gesetzlichen Regelungen befragt, die Frauenquote und -gleichstellung sowie sexuelle Belästigung vorsehen. Die meisten Frauen sprachen sich dafür aus, in dieser Frage verbindliche Weisungen zu erteilen. Während 58 Prozent der befragten Frauen die Quotenregelung in den Parteien für wirksam hielten, unterstützten nur 31 Prozent der befragten Männer diese Ansicht. Während sich die Hälfte der Politikerinnen für gesetzliche Regelungen zur Gleichstellung aussprach, blieb die Quote der Befürworter dieser Ansicht bei Männern bei 23 Prozent.
Die Rechercheurinnen machten darauf aufmerksam, dass Frauen auf kommunaler Ebene nicht besonders vertreten seien, und wiesen darauf hin, dass 90 Prozent der Spitzenpositionen in Kommunen und lokalen Verwaltungen Männer seien.
epd, AFP / HT,JD
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