Auf der 76. Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die USA, China und Russland an ihre Verantwortung gegenüber anderen Ländern der Welt erinnert. „Die Vereinten Nationen sind kein Boxring, in dem Weltmächte keinen Wert haben“, sagte Steinmeier mit Hinweis auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen Russland, den USA und China im UN-Sicherheitsrat. Steinmeier sagte, die Rechte der wertvollen Weltmächte bei den Vereinten Nationen gelten „nur so lange, wie sie den Frieden zwischen den Staaten in einer Form wahren, die im Interesse aller ist, und ihn nicht für ihre eigenen Interessen ignorieren oder unterminieren“.
Deutschland fordert Reformen im UN-Sicherheitsrat, dem die USA, Russland, China, Frankreich und Russland seit langem als ständige Mitglieder angehören.
Steinmeier, der erste deutsche Bundespräsident, der nach fast 40 Jahren vor der UN-Vollversammlung sprach, forderte in seiner Rede, dass Deutschland und Europa international mehr Verantwortung übernehmen sollten. „Wir Europäer, wir Deutschen, müssen mehr tun für unsere eigene Sicherheit, für Frieden und Stabilität bei unseren Nachbarn und weltweit“, sagte Steinmeier. Der Bundespräsident fügte hinzu, dass diese Bemühungen in Libyen, der Ostukraine und im Nahen Osten fortgesetzt werden sollten.
Lehren aus der Niederlage in Afghanistan
In seiner Rede ging Steinmeier ausführlich auf die Niederlage des Westens in Afghanistan und ihre Folgen ein. Steinmeier bezeichnete den Fall Kabuls als „Wendepunkt“ in der internationalen Politik und sagte, Deutschland habe auch eine Rolle beim Scheitern der politischen Ordnung in Afghanistan gespielt. Ein Rückzug von der Weltbühne sei keine Option, betonte Steinmeier: „Ich bin sicher, Aufgeben wäre eine falsche Lektion.“ Stattdessen forderte Steinmeier, die deutsche Außenpolitik müsse „ehrlicher, vernünftiger und stärker“ betrieben werden.
„Zu einer realistischeren Haltung bei der Definition von Zielen und Interessen und der Prioritätensetzung“ forderte Steinmeier auf, die von den Staaten gewählten Mittel und Abwägungspunkte sollten vernünftiger gewählt werden. Steinmeier fügte hinzu, dass zur Plausibilität auch die Suche nach neuen Analysewegen gehört.
Auch militärische Macht sei wertvoll, betonte Steinmeier, auch die Diplomatie müsse stark sein. Steinmeier warnte: „Militärische Macht ohne Kompromissbereitschaft, ohne Herz für Diplomatie macht die Welt nicht friedlicher. Wir brauchen Verhandlungsmacht ebenso wie Verteidigungsmacht.“
„Unsere Partner können auf uns zählen“
Steinmeier versicherte, Deutschland werde auch nach den Wahlen am Sonntag ein solider internationaler Partner sein. „Deutschland wird auch nach der Wahl ein Land bleiben, das seine internationale Verantwortung kennt und wahrnimmt“, sagte Steinmeier, „unsere Partner können uns vertrauen, und auch unsere Wettbewerber sollten auf uns Rücksicht nehmen.“
AFP, rtr, dpa/JD, UK
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