Die Bürger in Deutschland sind mit der Koalitionsregierung aus SPD, Grünen und FDP unzufrieden. Laut der aktuellen Deutschlandtrend-Umfrage der ARD liegt die Quote derjenigen, die mit der Regierung zufrieden sind, bei nur 19 Prozent. Eine neue Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung ergab, dass die im Dezember 2021 eingesetzte Regierung in der verbleibenden Missionsperiode tatsächlich erfolgreich agierte.
Die unabhängige Stiftung stützte sich bei ihrer Analyse auf den von den drei Parteien vor der Regierungsbildung vereinbarten Koalitionsvertrag und die darin formulierten Wahlversprechen. Abgerundet wurde diese Überprüfung durch eine repräsentative Umfrage.
„Durch dieses Verfahren konnte verglichen werden, inwieweit die Versprechen der Koalition in der Realität und in der Wahrnehmung umgesetzt wurden“, heißt es in dem Forschungsbericht. Prof. Dr. von der Bertelsmann Stiftung, der den Bericht verfasst hat. Robert Vehrkamp und Prof. von der Universität Trier. DR. In der Untersuchung untersuchte Theres Matthiess 453 große und kleine Versprechen der Bundesregierung und bewertete, welche davon bisher umgesetzt wurden.
Mehr Ressourcen für Kinder und einfacherer Übergang zur Staatsbürgerschaft
Zu den geprüften Versprechen gehören auch Schwergewichte wie der Kampf gegen Kinderarmut und die dafür vorgesehene Grundsicherung für Kinder, über die die Koalitionspartner seit Wochen öffentlich diskutieren. Zu den Versprechen gehört auch das neue Staatsbürgerschaftsgesetz, das den Übergang in die deutsche Staatsbürgerschaft erleichtert. In diesen grundsätzlichen Fragen waren sich SPD, Grüne und FDP nach harten Diskussionen einig.
Solche kontroversen Themen sind Themen, die das Bild der Regierung in der deutschen Gesellschaft prägen und die Unzufriedenheit steigern. Den Untersuchungen zufolge hat die Koalitionsregierung entweder etwa zwei Drittel ihrer Versprechen vollständig umgesetzt oder den notwendigen Prozess zu deren Umsetzung eingeleitet.
Robert Vehrkamp bewertet dies als „eine mäßige Bilanz, die insgesamt durchaus vielversprechend ist, jedoch durch die öffentlichen Diskussionen der Koalitionspartner und die Vielzahl unvollendeter Arbeiten getrübt und geprägt ist.“
Auch den 2021 vereinbarten Koalitionsvertrag bewertet die Forschungsgruppe aufgrund der vielen darin enthaltenen Versprechen als umstritten. Lag die Zahl der Zusagen im Koalitionsvertrag der Vorgängerregierung, der zwischen Sozialdemokraten und CDU/CSU geschlossen wurde, bei 296, stieg diese Zahl auf 453. Die Regierung, die aufgrund der Farben der Parteien öffentlich als „Ampelkoalition“ bekannt war, setzte sich 50 Prozent konkretere Ziele als die Vorgängerregierung.
Koalitionsvertrag mit vielen Versprechen und großen Ansprüchen
„Die Vielzahl der Versprechen spiegelt einerseits die Komplexität der Stoplight Coalition als parteiübergreifende Koalition dreier programmatisch unabhängiger Parteien wider. Andererseits zeigt sie aber auch, dass sie durchsetzungsfähiger ist“, sagt er Theres Matthiess, eine der Autoren des Forschungsberichts.
Die öffentliche Wahrnehmung der Regierung ist genau das Gegenteil. Nur 12 Prozent sind der Meinung, dass „alle, fast alle oder die meisten“ der vereinbarten Versprechen umgesetzt wurden. 43 Prozent glauben, dass „davon nur ein kleiner Teil oder gar nicht umgesetzt wird“.
Wolfgang Schröder von der Berliner Intentionsorganisation Das Progressive Zentrum fordert, dass die Regierung einen Neuanfang in Sachen koalitionsinterner Zusammenarbeit und Selbstdarstellung machen sollte, um ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu verbessern. „Öffentliche Koalitionsdiskussionen führen dazu, dass die tatsächliche Leistung der Regierung und ihr Engagement, ihre Versprechen einzulösen, unterschätzt werden“, sagt Schröder.
Die Forschungsergebnisse scheinen ein grundsätzliches Dilemma politischer Bündnisse in Deutschland widerzuspiegeln. „Die mangelnde Enttäuschungstoleranz und Kompromissbereitschaft der Wähler bei der Urteilsfindung stellt eine große Herausforderung für alle Koalitionsregierungen und -parteien dar“, heißt es in dem Bericht.
Akzeptanz politischer Kompromisse
85 Prozent der Teilnehmer der Studie der Bertelsmann Stiftung geben an, dass sie es für „sehr wertvoll oder wichtig“ halten, dass Parteien die Ziele und Absichten in ihren Wahlprogrammen umsetzen. Hingegen glauben nur 40 Prozent, dass es „vernünftige Gründe“ dafür geben könnte, dass Wahlversprechen nicht eingehalten werden.
Vehrkamp und Matthiess sagen in ihrem Bericht: „Viele Menschen scheinen die parlamentarische Regierungsform, die auf Kompromissen basiert und darauf angewiesen ist, als Verrat an den Prinzipien und Idealen der Parteien zu empfinden.“
D.W.