Nach langer Unentschlossenheit hat Deutschland der Asylreform zugestimmt, die in der gesamten Europäischen Union (EU) gelten wird. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser, die zum Treffen der Innenminister der EU-Länder in Brüssel war, teilte ihren Amtskollegen mit, dass sie der als Krisenverordnung definierten Reform im Namen der Bundesregierung zugestimmt habe, die geplant sei Die EU ist besser gegen neue Flüchtlingskrisen gerüstet.
In seiner Erklärung sagte Faeser: „Heute werden wir den von Spanien perfekt ausgehandelten Kompromiss akzeptieren.“ Der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska, der die Gespräche in Brüssel leitete, sagte nach Faesers Aussage, es gebe „endlich einen Willen zur Mehrheit“ unter den Mitgliedsländern. Anschließend überreichte Grande-Marlaska das Dokument den ständigen Vertretern der EU-Länder in Brüssel. Im nächsten Schritt werden die Ständigen Vertreter die neue Verordnung finalisieren, die im Europäischen Parlament (EP) diskutiert werden soll.
Wie wurden die Grünen überzeugt?
Mit der neuen Regelung können die EU-Länder in Zeiten, in denen eine große Zahl an Einwanderern das Asylsystem belastet, deutlich härtere Maßnahmen ergreifen als heute. Die Grünen, die in Deutschland die Regierungskoalition bilden, lehnten den Gesetzentwurf lange Zeit mit der Begründung ab, er würde die Asylstandards untergraben. Allerdings wird behauptet, Olaf Scholz von der SPD habe letztlich die Grünen zur Zustimmung zum Gesetzentwurf gezwungen. Scholz erklärte in seiner Stellungnahme in Berlin, die Verhandlungen mit der EU seien erfolgreich verlaufen und Innenminister Faeser habe daran großen Anteil. Scholz erklärte zudem, die Bundesregierung habe „sich bereit erklärt, die Fortsetzung der Verhandlungen im Parlament (EP) nicht zu verhindern“.
Die europäischen Länder liefern sich beim neuen Asylgesetz einen Wettlauf mit der Zeit. Die seit der Flüchtlingskrise 2015 diskutierte Reform soll bis zur Europawahl im Juni 2024 umgesetzt werden und so verhindern, dass Rechtsextreme und Populisten dieses Thema im Wahlkampf nutzen. Damit der Gesetzentwurf in Kraft tritt, muss eine Einigung zwischen den EU-Ländern und dem Europäischen Parlament erzielt werden. In der vorherigen Stellungnahme des Parlaments hieß es, dass die neue Verordnung nicht vom Parlament genehmigt werden würde, wenn es keinen Konsens darüber gäbe.
Der ungarische Premierminister Viktor Orban kritisierte den Gesetzentwurf in einer auf seinem Social-Media-Konto X veröffentlichten Erklärung und sagte: „Brüssel will uns das gescheiterte Einwanderungspaket noch vor den nächsten Europawahlen aufzwingen.“ Ungarn hatte sich zusammen mit Polen und Österreich in früheren Diskussionen über den Gesetzentwurf gegen die betreffende Krisenregelung ausgesprochen. Brüssel-nahe Beobachter halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass es nach der Annahme des Gesetzentwurfs durch Deutschland zu einer Einigung kommen wird.
Was steht in der Rechnung?
Der entsprechende Entwurf enthält besondere Elemente für EU-Länder, die unter starkem Migrationsdruck stehen. Dazu gehören längere Zeitspannen für Asylsuchende in den Außengebieten der EU, vergleichbar mit der Inhaftierung, und eine Senkung der Standards bei Unterbringung und Pflege. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass Brüssel erklärt, dass eine Krisensituation vorliegt.
Darüber hinaus sind in Krisensituationen härtere Eingriffe gegen Einwanderer möglich. In diesem Zusammenhang werden viel mehr Einwanderer den Asylantragsprozess in den Randgebieten der EU durchlaufen, und die Anträge können zu diesem Zeitpunkt abgelehnt werden. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass Einwanderer bis zu 20 Wochen in Lagern an den Außengrenzen festgehalten werden können.
AFP/ET,TY
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D.W.