Vor der Bundestagswahl am 26. September in Deutschland standen sich der Ministerpräsidentenkandidat der CDU/CSU-Parteien Armin Laschet, der SPD-Kandidat Olaf Scholz und die Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock im Fernsehen gegenüber Debatte am Sonntagabend.
Die Debatte, organisiert von der gemeinsamen Sendung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF, war Schauplatz heftiger Debatten inmitten von Armin Laschet, dem Vorsitzenden der Christlich Demokratischen Union (CDU) und Ministerpräsident des Landes Norden Nordrhein-Westfalen, und Olaf Scholz, der weiterhin die Aufgaben des Finanzministers und des stellvertretenden Ministerpräsidenten wahrnimmt.
Laschet erwischt Scholz
Der Kandidat der Unionsparteien, Armin Laschet, brachte in den ersten Minuten der Sendung die von ihm durchgeführte Durchsuchung der Staatsanwaltschaft Osnabrück im Gebäude des Finanzministeriums zur Sprache und hinterfragte die Haltung von Finanzminister Scholz zu den durchgeführten Verdachtsermittlungen Geldwäsche.
Armin Laschet, Kandidat der CDU/CSU
Laschet, der Ministerpräsidentenkandidat der Unionsparteien, sagte zu Scholz: „Wenn mein Finanzminister für Sie gearbeitet hätte, hätten wir Ärger bekommen.“
Auf die Kritik seines Gegners betonte Laschet, SPD-Kandidat und Finanzminister Scholz, dass die Ermittlungen nicht gegen das Ministerium gerichtet seien und die Staatsanwaltschaft nur Informationen einholen wolle, und sagte: „Sie haben bewusst diesen falschen Eindruck erweckt.“
Erstmals drei Kandidaten für das Amt des Premierministers
In dieser Debatte, die zwei Wochen vor den Wahlen stattfand, zeigte sich die Hitze des Wahlkampfs. Dieser Name, der offiziell „Triell“ heißt und auf das dreiseitige „Duell“ inmitten der Ministerpräsidentenkandidaten verweist, verriet auch, dass sich die Politik in Deutschland verändert hat. Jahrelang wurde das Rennen um das Kanzleramt in Deutschland zwischen den Kandidaten von CDU/CSU und SPD ausgetragen, vor der Wahl teilten die Ministerpräsidentenkandidaten ihre Trümpfe in „Duellen“ im Fernsehen. Doch vor den Wahlen in diesem Jahr bewerben sich erstmals CDU/CSU und SPD sowie die Kandidaten der Grünen um das Amt des Ministerpräsidenten.
In der Debatte kam es zwischen Laschet und Scholz zu heftigen Auseinandersetzungen
Laschet zielte auf die SDP
Vor der Sendung, an der die drei Kandidaten teilnahmen, gab es ausreichend Stoff für Diskussionen. Der Kandidat der CDU-Parteien hat zuletzt seine zurückhaltende Haltung im Wahlkampf aufgegeben und eine aggressivere Haltung eingenommen. Laschet, der nach den jüngsten Wahlumfragen Stimmen verloren hat, hat kein anderes Heilmittel, als einer aggressiven Haltung zu folgen. Eine am Wochenende durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens INSA ergab, dass die SPD mit 26 Prozent Spitzenreiter ist, wobei davon ausgegangen wird, dass die CDU/CSU 20 Prozent der Stimmen und die Grünen 15 Prozent erhalten würden. Obwohl die CDU/CSU lange Zeit Spitzenreiter in den Umfragen war, hat die SPD in den letzten Wochen den ersten Platz belegt und die CDU-Parteien überholt.
Laschet, die Vorsitzende der CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel, setzte am Wochenende ihre Vorstöße gegen die SPD fort. „Bei allen Entscheidungen der Nachkriegszeit stand die SPD immer auf der falschen Seite“, sagte Laschet auf dem Parteitag der CSU, der Schwesterpartei der CDU, in Nürnberg. Der CDU-Chef warf der SPD vor, in Krisenzeiten Steuern zu erhöhen und Schulden zu machen. Als Reaktion auf diese Äußerungen wertete die SPD Laschets Äußerungen als „Hetzkampagne“.
Annalena Baerbock hat sich entschieden zuzuhören
Annalena Baerbock, die Co-Vorsitzende der Grünen und Ministerpräsidentenkandidatin, die ihre Partei in den im Frühjahr durchgeführten Umfragen auf den ersten Platz brachte, mischte sich währenddessen kaum in die Debatte zwischen den Kandidaten von CDU/CSU und SPD ein die 90-minütige Sendung. Baerbock schwieg, als sich die beiden Kandidaten die Worte unterbrachen.
Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock
In der Diskussion kristallisierten sich in vielen Fragen Meinungsverschiedenheiten zwischen Baerbock und den anderen Kandidaten heraus: Baerbock plädierte dafür, dass die Corona-Impfung für bestimmte Berufe wie Arzt, Krankenpfleger, Pfleger verpflichtend sein solle, während Laschet und Scholz sich dafür aussprachen, dass die Impfung nicht verpflichtend sein sollte .
Bei der Digitalisierung, die in Deutschland zu den wertvollsten Wetten gehört, kritisierte Baerbock die seit 16 Jahren regierenden Unionsparteien aus CDU und CSU, Digitalisierung und Klimawandel nicht als vorrangige Themen zu betrachten. Baerbock betonte deshalb, dass die Grünen 50 Milliarden Euro in Bereiche wie Infrastruktur, Bahnausbau und Windkraft investieren wollen, und sagte, es müsse jetzt gehandelt werden, „sonst wird es wertvoll“.
Das sagt Baerbock auch deshalb so ruhig und souverän, weil er in diesem schwierigen Wahlkampf erkannt hat, dass er für das Amt des Ministerpräsidenten nicht mehr viel Glück hat. Aber auf der anderen Seite scheinen Scholz und Laschet auch nicht sehr streitsüchtig zu sein. Diese ganze Diskussion wirkt nicht so, als könnte sie den Kandidaten wirklich nützen.
Außenpolitische Themen wurden nicht berücksichtigt.
In der Debatte, die zwei Wochen vor den Wahlen in Deutschland stattfand, wurde die Innenpolitik zu einem schweren Spiel. Rente, Steuern, Bürokratie und die Idee der Staatsbürgerschaftsversicherung gehörten zu den prominenten Wetten. Bemerkenswert ist, dass die Ansichten von SPD und Grünen in diesen Fragen näher beieinander liegen.
Außenpolitik wurde nicht erwähnt. Über Afghanistan, das in letzter Zeit auf der Tagesordnung stand, oder die Terroranschläge vom 11. September zu ihrem 20. Jahrestag wurde nie gesprochen. Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus oder Spaltung der Gesellschaft kamen nie in den Vordergrund.
Scholz ging als Wahlsieger hervor
Während Laschets aggressive Haltung gegenüber Scholz die Fernsehdebatte belebte, blieb die Frage, ob die Wähler in Deutschland noch wussten, wen sie am 26. September wählen sollten, am Ende dieser Sendung unbeantwortet.
SPD-Kandidat Olaf Scholz
Umfragen zeigen, dass rund 30 Prozent der Wähler noch unentschlossen sind, wen sie in zwei Wochen wählen sollen. Laschet, der am Ende der Sendung seine letzten Botschaften an die Wähler gab, sagte, er wolle den Menschen nicht vorschreiben, was sie denken sollen. Baerbock erklärte, dass gerade beim Klimaschutz ein Neuanfang nötig sei. Scholz hingegen betonte die Zukunft Deutschlands und sagte, es brauche eine neue Solidarität, wie Pandemie und Sommerhochwasser gezeigt hätten.
Die von ARD und ZDF beim Meinungsforschungsunternehmen Infratest dimap in Auftrag gegebene Umfrage ergab zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, dass der Kandidat der SPD Scholz als Sieger der Dreierdebatte hervorging. Würden die Wähler in Deutschland den Ministerpräsidenten direkt wählen, gaben demnach 43 Prozent der Befragten an, Scholz zu wählen. Während die Quote derjenigen, die Laschet, den Kandidaten der CDU/CSU, bevorzugen würden, mit 24 Prozent ermittelt wurde, blieb die Quote derjenigen, die den Kandidaten der Grünen, Baerbock, wählen würden, bei 19 Prozent.
Jens Thrau
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