Werbung

Chinas Quantenerfolg: Made in Heidelberg

Die Universität Heidelberg trat im Februar 2022 bei einem Webinar des Supreme Allied Command Transformation bei der NATO in den Vordergrund.

Dieser Befehl konzentriert sich auf die Art und Weise, wie in Zukunft Kriege geführt werden. Auf dem Seminar wurden etwa eine Stunde lang Chinas Errungenschaften auf dem Gebiet der Quantenforschung diskutiert.

Hier kam die Universität Heidelberg ins Spiel. Denn sie ist Deutschlands älteste Universität, Forschungspartner einer chinesischen Elite-Universität mit langjährigen Kontakten zur Rüstungsindustrie.


Heidelberg hat die älteste Universität Deutschlands. Foto: Stefan Czimmek/DW

Das amerikanische Sicherheitsunternehmen „Strider“ brachte die Universität Heidelberg 2019 tatsächlich ins Gespräch und beschrieb sie als „möglicherweise wertvollsten ausländischen Partner bei Chinas rasanten Fortschritten bei Dual-Use-Quantentechnologien“. Unter dem Begriff „Dual-Use-Quantentechnologien“ versteht man Technologien, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden können.

Die Deutsche Welle hat gemeinsam mit dem Forschungszentrum CORRECTIV die Argumente um die Universität Heidelberg unter die Lupe genommen.

Talentierter Wissenschaftler, fleißiger Netzwerker

Alles begann im Jahr 2003, als der chinesische Quantenphysiker Pan Jian-Wei seinen eigenen Forschungscluster an der Universität Heidelberg gründete. Dieser sehr angesehene Wissenschaftler wurde mit Auszeichnungen überschüttet und erhielt Millionen von Anreizen. Während seiner fünf Jahre in Heidelberg pflegte Pan enge Kontakte zur University of Science and Technology of China (USTC), an der er seinen Abschluss machte. Er hat vielversprechende junge Forscher von dieser Universität in Heidelberg rekrutiert, und diese Forscher haben von deutschen und europäischen Forschungsgeldern profitiert.


Der chinesische Quantenphysiker Pan Jian-Wei.Foto: Liu Junxi/Photoshot/picture Alliance

Pan kehrte 2008 nach China, USTC, zurück. Er nahm nicht nur junge Forscher mit, sondern auch sein Labor und seine Projekte. Allerdings hatte die Europäische Union (EU) dem Forschungscluster in Heidelberg kurz vor Pans Weggang einen Fonds zu einem zusätzlichen Preis von 1 Million 400.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Ein Deutscher am USTC

Auch nach Pans Rückkehr nach China blieb die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Universitäten bestehen und es kamen weiterhin junge Talente des USTC an die Universität Heidelberg. Im Jahr 2011 unterzeichneten die beiden Universitäten offiziell einen akademischen Austauschvertrag. In diesen Jahren unterstützte Deutschland diese Art der Zusammenarbeit sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Auch als Handelspartner war China für Deutschland von besonderer Bedeutung.

Die Zahl westlicher Forscher, die nach China gehen, ist geringer. Einer von ihnen ist der Physiker Matthias Weidemüller aus Heidelberg.

Weidemüller, der 2013 das Angebot des chinesischen Staates im Rahmen des 1000-Talente-Programms annahm und seine Forschung am USTC fortsetzte, erklärte, er habe sich klare Grenzen gesetzt.

Weidemüller, der sagte, dass niemand an der von ihm durchgeführten Forschung beteiligt gewesen sei, betonte, dass alle Forschungsergebnisse veröffentlicht würden, sein Labor für alle offen stünde und dass Unabhängigkeit und Transparenz für ihn wertvoll seien.


Der Heidelberger Physiker Prof. DR. Matthias Weidemüller. Foto: Stefan Czimmek/DW

Weidemüller ist derzeit emeritierter Professor am USTC. Genau wie Pan es in Heidelberg tat. Allerdings haben sich die Verhältnisse in den Beziehungen der beiden Länder dramatisch verändert.

Von der Partnerschaft zum Wettbewerb

Das einst als Partner wahrgenommene China ist mittlerweile zum „Systemkonkurrenten“ für Deutschland geworden, und das Selbstbewusstsein der Pekinger Regierung wächst. Seit Monaten versucht die Bundesregierung hinter verschlossenen Türen, eine neue chinesische Strategie zu formulieren. Deren Ausmaß und Art war Gegenstand hitziger und angespannter Debatten.

China konkurriert mit den USA um die Quantenüberlegenheit. In China, das bis 2049 die modernste Armee der Welt haben will, ist die „militärisch-zivile Fusion“ eine Staatsdoktrin, die darauf abzielt, dass alles gleichzeitig auch der nationalen Sicherheit dient.


Foto: daniel0Z/Zoonar/picture Alliance

In der Quantenkonnektivität wurden die wertvollsten Fortschritte in der Quantenforschung erzielt. Dabei geht es um Datensicherheit und den Austausch verschlüsselter und abhörsicherer Informationen. Dies ist von entscheidender militärischer Bedeutung.

Platziert im Mittelfeld der 100 einflussreichsten Menschen

Dank Pan Jian-Wei nimmt China eine führende Position auf dem Gebiet der Quantenverbindung ein. Sogar der Amerikaner Zeit Das Magazin zählte Pan 2018 zu den 100 einflussreichsten Personen der Welt. Und ein Jahr später gab das US-Sicherheitsunternehmen „Strider“ bekannt, dass Pan Verbindungen zu chinesischen Rüstungsunternehmen habe.

In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber CORRECTIV und der DW stellte Pan fest, dass „keines seiner Projekte vom Militär unterstützt wurde“, seit er aus Deutschland nach China zurückgekehrt sei. Allerdings sagte der chinesische Wissenschaftler gleichzeitig: „Auch wenn einige Technologien dies können.“ Im militärischen Sinne ist dies die Kontrolle JEDER Wissenschaftler. Es ist etwas, das man nicht oder nicht vorhersagen kann“, und insbesondere schrieb er das Wort „NEIN“ in Großbuchstaben.


Der chinesische Quantenphysiker Pan Jian-Wei.Foto: Xinhua/IMAGO

Pan Jian-Wei antwortete auch: „Ich habe volles Vertrauen, dass diese neuen Technologien letztendlich umfassende Vorteile für die Menschheit bringen werden.“

Das Unternehmen ist in Xinjiang aktiv

Bei der Recherche zu Pan stößt man schnell auf den Namen Quantum CTek. Pan ist der mittlere Mitbegründer dieses Unternehmens und nach USTC der zweitgrößte Anteilseigner.

Das auf Quantenverbindung spezialisierte Unternehmen verfügt seit 2017 über eine Niederlassung in Xinjiang. In der nordwestchinesischen Provinz lebt die muslimische Minderheit der Uiguren, die von der Zentralregierung schikaniert, in Trainingslager gesteckt und überwacht wird.

Yangyang Cheng, ein Teilchenphysiker chinesischer Herkunft, meint, dass die Aktivitäten seiner Branche in dieser Region „kein Zufall sein können“ und auch „moralisch verwerflich“ sind.


Ein Foto des chinesischen Präsidenten Xi Jinping während seines Besuchs im USTC. Foto: Li Xueren/Photoshot/Picture Alliance

Yangyang, der seit mehr als zehn Jahren in den USA lebt und selbst USTC-Absolvent ist, sagte: „Die Tatsache, dass ein so junges Unternehmen dort eine Niederlassung eröffnen darf, zeigt, dass es sehr enge Kontakte zum chinesischen Sicherheitsstaat hat.“ „

Pan hingegen argumentierte, dass er nicht wisse, warum Quantum CTek eine Niederlassung in Xinjiang habe, und erklärte, dass er seit 2011 nicht mehr im Management des Unternehmens sei, abgesehen davon, dass er Aktionär sei. Das Unternehmen antwortete nicht auf unsere Fragen.

Ziel der US-Sanktionen

Die USA sanktionieren Quantum CTek seit November 2021, ebenso wie das USTC-Labor, dem Matthias Weidemüller angehört. Der Zusammenhang besteht darin, dass diese Einheiten die militärische Modernisierung der Volksbefreiungsarmee Chinas unterstützen. Washington gibt an, mit diesen Sanktionen den Fluss amerikanischer Technologien und Wissen nach China stoppen zu wollen.

Weidemüller sagt zwar, man könne diesen Entwicklungen nicht gleichgültig gegenüberstehen, doch sieht er dieses Thema nicht im Zusammenhang mit seiner eigenen Arbeit.

Weidemüller sagte: „Mit der Art und Weise, wie man recherchiert, kann man selbst bestimmen, wie nah oder wie weit man von der Anwendung entfernt ist“, sagte Weidemüller.


Foto: Huang Bohan/Xinhua/Picture Alliance

Entwicklungen in der Weltpolitik wirken sich auch auf die Welt der Wissenschaft aus. Seit Anfang 2022 gibt es an der Universität Heidelberg eine Exportkontrolleinheit, die internationale Forschungsprojekte auf die Möglichkeit einer militärischen Nutzung hin überwacht. Allerdings wirft die Partnerschaft der Universität Heidelberg mit dem USTC, das mit großen chinesischen Waffenunternehmen im Bereich der Quantenforschung zusammenarbeitet, und der NUDT, Chinas wertvollster Militäruniversität, weiterhin Fragen auf.

Forschungsfreiheit und wissenschaftliche Verantwortung

Auch die älteste Universität Deutschlands sucht nach einer Antwort auf die Frage: Ist eine Zusammenarbeit mit Forschungspartnern möglich, die militärischen Einrichtungen nahestehen und systembedingt nicht darauf verzichten können? Wenn ja, wie sollte diese Zusammenarbeit aussehen?

Bei der Beantwortung dieser Frage soll die Sinologin Anja Senz vom Rektorat der Universität Heidelberg helfen.


Sinologin Anja Senz vom Rektorat der Universität Heidelberg. Foto: Stefan Czimmek/DW

Senz erklärte, er wolle nicht das Aufkommen schöner roter Linien definieren, sondern kritisch über die Ergebnisse auf dem Gebiet der Technologie nachdenken. Auf eine Frage zu Pan Jian-Wei betonte Senz, dass irgendwann die Frage gestellt werden müsse: „Welche Rolle spielt der Einzelne in diesem System?“

Für Matthias Weidemüller hingegen überwiege die gemeinsame Erforschung wertvoller Aspekte der Natur: „Sollten wir aufhören, uns zu diesen Fragen weltweit auszutauschen?“ stellte die Frage.

DW

About admin

Check Also

Berufungsgericht hebt Weinsteins Verurteilung auf

Die 23-jährige Haftstrafe des ehemaligen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein wegen Vergewaltigung und grober sexueller Nötigung wurde vom Berufungsgericht des Staates New York aufgehoben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert