Die Sozialdemokratische Partei (SPD), die Grünen und die Freie Demokratische Partei (FDP), die in Deutschland die Koalitionsregierung bilden, diskutieren über den Gesetzentwurf, der den Übergang zur deutschen Staatsbürgerschaft und zur doppelten Staatsbürgerschaft erleichtert. Der Entwurf tritt in Kraft, sobald er auf die Tagesordnung des Bundestages und des Abgeordnetenhauses des Landes gelangt und angenommen wird. Nach Angaben des Innenministeriums leben in Deutschland 12 Millionen Menschen mit der Staatsangehörigkeit eines anderen Staates. 5 Millionen 300.000 davon leben seit mindestens 10 Jahren in Deutschland. Der diskutierte Gesetzesänderungsentwurf steht auch in engem Zusammenhang mit den in Deutschland lebenden türkischstämmigen Menschen.
Was sind also die geplanten Änderungen an der deutschen Staatsangehörigkeitsklausel? Welche Einrichtungen stehen Menschen türkischer Herkunft zur Verfügung?
Die Frist zur Beantragung der deutschen Staatsbürgerschaft wird verkürzt
Wer legal aus einem anderen Land nach Deutschland eingereist ist, kann unter normalen Umständen nach fünf Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Derzeit beträgt dieser Zeitraum acht Jahre. Bei Nachweis „besonderer Integrationsleistungen“ kann diese Frist auf drei Jahre verkürzt werden. Gemeint sind damit Eigenschaften wie „gute Deutschkenntnisse, Mitarbeit in sozialen Freiwilligenprojekten, Erfolg in Schule oder Beruf“. Wer diese Voraussetzungen bzw. Kriterien erfüllt, kann drei Jahre nach der Einreise in das Land die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen.
Für Türken öffnet sich der Weg zur doppelten Staatsbürgerschaft
Eine der wertvollsten Änderungen, die die Reform mit sich bringen wird, betrifft die doppelte Staatsbürgerschaft. Dies ist besonders wertvoll für die im Land lebenden Menschen türkischer Herkunft. Nur wer aus Ländern wie Iran, Libanon, Afghanistan und Syrien nach Deutschland kam, die zusammen mit den Ländern der Europäischen Union (EU) und der Schweiz einen Verzicht auf die Staatsbürgerschaft nicht erlaubten, konnte eine Doppelstaatsbürgerschaft erlangen. Letztes Jahr wurde der Krieg in der Ukraine in diese Liste aufgenommen. Das Recht auf die doppelte Staatsbürgerschaft wurde jedoch türkischen Staatsbürgern sowie einigen Staatsbürgern anderer Länder nicht gewährt. Im Rahmen des vor dem Jahr 2000 in Deutschland geltenden Staatsangehörigkeitsgesetzes können diejenigen, die die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, ihre doppelte Staatsbürgerschaft behalten. Mit der geplanten Änderung wird jedoch der Weg zur doppelten Staatsbürgerschaft wieder frei.
Die Bundesregierung weist darauf hin, dass viele Menschen aufgrund der alten gesetzlichen Regelung „zögerlich“ seien, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. „Wirksam ist auch die emotionale Bindung zu dem Land, aus dem man oder seine Familie kommt“, meint die Bundesregierung. Mit der neuen Regelung können türkische Staatsbürger die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen, ohne ihre eigene Staatsbürgerschaft aufzugeben. Die fehlende Möglichkeit, die doppelte Staatsbürgerschaft zu erlangen, wird von Einwandererorganisationen und türkischen Verbänden in Deutschland seit vielen Jahren scharf kritisiert.
Staatsbürgerschaft für in Deutschland geborene Kinder
In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten künftig automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren in Deutschland lebt. Bisher war für diese Frist Voraussetzung, dass ein Elternteil seit mindestens acht Jahren in Deutschland lebt. Diese Kinder können sowohl die deutsche als auch die Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes ihrer Eltern besitzen.
Die erste Generation wird die schriftliche Deutschprüfung nicht ablegen
Eine der wertvollsten Reformen bei der Einbürgerung betrifft die Kenntnis der deutschen Sprache. Einwanderer der ersten Generation über 67 Jahre, die zum Zweck der Arbeit nach Deutschland kamen, meist türkischer Herkunft, konnten die Staatsbürgerschaft nicht erwerben, da sie nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügten. Diese erste Generation kann nun die Staatsbürgerschaft erlangen, ohne die schriftliche Deutschprüfung abzulegen.
Bei der Einbürgerung werden Einwanderer der älteren Generation lediglich einem mündlichen Test unterzogen. Sie müssen auch nicht auf die Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes verzichten, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. Im Gesetzentwurf wurde die Erleichterung der Einbürgerung von Einwanderern der ersten Generation mit der Formulierung begründet, „die Lebensleistung dieser Generation soll gewürdigt werden“. Mit dieser Generation sind diejenigen gemeint, die vor 1974 nach Deutschland kamen, und diejenigen, die vor 1990 in die Deutsche Demokratische Republik (DDR) kamen.
Wer kann nicht deutscher Staatsbürger werden?
Mit dem neuen Gesetzentwurf soll verhindert werden, dass antisemitische, rassistische, fremdenfeindliche oder menschenrechtsverletzende Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Der Entwurf enthält den Satz „Das oben Genannte ist mit dem in der Verfassung verankerten Grundsatz des Schutzes der Menschenwürde unvereinbar.“ Mit der Neuregelung müssen die Staatsanwaltschaften auf die Fragen der Amtsstellen, die die Einbürgerungsanträge prüfen, antworten, ob der Antragsteller ein strafbares, antisemitisches, rassistisches, fremdenfeindliches Vergehen begangen hat.
DW, AFP, KNA/HT, HS
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