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Deutsche Industrie steckt in der Krise: Hoffnung auf Hilfe vom Staat

In der deutschen Wirtschaftswelt herrscht eine düstere Stimmung. Während die Wirtschaft in den Industrieländern weltweit wächst, rutscht Deutschland Schritt für Schritt in die Rezession. Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um 0,4 Prozent schrumpfen.

82 Prozent der Betreiber, die an einer Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) im Oktober 2023 teilgenommen haben, gaben an, dass sie sich große Sorgen über die wirtschaftliche Lage in Deutschland machen. 88 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Regierung keine durchdachte Strategie zur Krisenbekämpfung hat.

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat einige Vorschläge zur Lösung der Probleme. Habeck führt die Situation der deutschen Wirtschaft auf Gründe wie die aktuelle geopolitische Situation, die Kosten des Übergangs zu einer CO2-freien Industrie, Vernachlässigung der Infrastruktur, Rückständigkeit bei der Digitalisierung, Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und zu viel Bürokratie zurück. All diese Gründe setzen die Branche unter Druck, sagt Habeck.

Die Industrieproduktion bildet den Kern der deutschen Wirtschaft und trägt etwa 23 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.

Suche nach einer neuen Strategie für die Branche

Überraschenderweise stellte Habeck Mitte Oktober eine neue 60-seitige Industriestrategie der Öffentlichkeit vor. In dem betreffenden Dokument argumentiert der Wirtschaftsminister, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren stark vom Staat unterstützt werden sollte.

Über die Industriestrategie des Grünen-Abgeordneten Habeck konnte sich die Koalitionsregierung aus SPD, FDP und Grünen allerdings noch nicht einigen. Während die eine Gruppe den Minister dafür kritisiert, dass er vortritt, wenn es keinen Konsens gibt, behauptet eine andere Gruppe, dass Habeck mit einem solchen Schritt bei Wirtschaft und Gewerkschaften punkten wolle. Denn in dieser schwierigen Zeit fordern sowohl die Wirtschaft als auch die Gewerkschaften die Hilfe des Staates.


Wirtschaftsminister Robert Habeck genießt den Rückhalt von Industrie und Gewerkschaften, hat aber Probleme mit der politischen UnterstützungFoto: Fabian Bimmer/REUTERS

Staatlicher Zuschuss zu den Strompreisen

Grundlage der Habeck-Industriestrategie ist der Vorschlag, die Strompreise durch den Staat deutlich zu subventionieren.

Jahrzehntelang bestand die Essenz des deutschen Wirtschaftsmodells darin, in Deutschland mit dem billigen Strom aus russischem Erdgas zu produzieren und ihn zu einem höheren Preis an die Welt zu verkaufen. Tatsächlich ist es Deutschland in der Vergangenheit gelungen, weltweiter Exportführer zu werden, und „Made in Germany“ ist zum Symbol für Qualität geworden. Allerdings wird seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine kein russisches Erdgas mehr über Rohre nach Deutschland geliefert. Stattdessen liefert Deutschland äußerst wertvolles Flüssiggas (LNG) per Schiff.

Die Strompreise sind seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges dramatisch gestiegen. Auch Deutschland ist auf dem Weg, eines der Länder zu werden, in denen Strom weltweit am wertvollsten ist. Der Kilowattstundenpreis für Strom stieg auf 40 Cent für Bürger und 24 Cent für die Industrie.

Strom wird in Deutschland noch lange wertvoll bleiben

Habeck drängt seit einigen Monaten darauf, den Kilowattstunden-Strompreis für die Industrie mit staatlichen Zuschüssen auf 6 Cent zu senken. Allerdings stoßen Habecks Bemühungen nicht bei allen auf Zustimmung, auch nicht innerhalb seiner Grünen. Die Senkung des Stromverbrauchs gehört bei weitem nicht zu den am meisten geschätzten Versprechen der Grünen. Andererseits kann man sagen, dass sich in der Partei seit Beginn ihrer Regierungsbeteiligung die Idee einer Harmonisierung der gesellschaftlichen Realitäten entwickelt hat. Einige Grüne sind sich bewusst, dass eine Erhöhung der Strompreise aus ökologischen Gründen dazu führen könnte, dass eine große Zahl von Bürgern in die Arme extremistischer Parteien gedrängt wird.

Skeptisch gegenüber Habecks Angebot ist auch der Vorsitzende der Koalitionsregierung, der sozialdemokratische Ministerpräsident Olaf Scholz. Scholz glaubt, dass billiger Strom die Nachfrage erhöhen und zu Engpässen führen könnte. Scholz befürchtet, dass Unternehmen, die dauerhaft subventionierten Strom nutzen, keinen Druck verspüren, ihre Geschäfte klimaneutral zu machen.

Der Regierungsteil, der Habecks Bemühungen am schärfsten ablehnt, ist die FDP, die eine wirtschaftsliberale Linie vertritt. Die Fiskalpläne von Finanzminister Christian Lindner, Chef des Regierungspartners FDP, sehen keine zusätzlichen Subventionen vor, die mehrere Milliarden Euro kosten würden.

Andererseits prognostizieren Experten, dass Strom in Deutschland noch lange Zeit wertvoll sein wird.

Teure Stromverträge schaden der deutschen Industrie

Industrielle und Gewerkschaften betonen, dass die Subventionierung des Strompreises von entscheidender Bedeutung sei.

In seiner Stellungnahme anlässlich einer Industrietagung vergangene Woche in Berlin sagte der Wirtschaftsminister, es drohe ihnen eine „energiebasierte Produktion und damit der Verlust des Kerns der deutschen industriellen Wertschöpfungskette“.

Auch der Bundesverband Deutscher Industrieller (BDI) warnt davor, dass Unternehmen, die lange Zeit auf Strom angewiesen waren, Deutschland verlassen und ins Ausland abwandern könnten. BDI-Chef Siegfried Russwurm, der auf der Konferenz, an der er mit Scholz teilnahm, eine Einschätzung abgab, sagte, eine solche Entwicklung könne schwerwiegende Folgen für Deutschland haben.


Industrien, die auf große Mengen Strom angewiesen sind, wie etwa die chemische Industrie, haben es schwer, in einem Umfeld hoher Strompreise ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Foto: Arne Dedert/dpa/picture Alliance

Jürgen Kerner, einer der Chefs der größten deutschen Gewerkschaft IG Metall, betonte, dass es nicht nur um die Rettung großer Unternehmen gehe. „Viele mittelständische Familienunternehmen haben heute die Perspektive verloren“, sagte Kerner. Kerner stellte fest, dass das Gefühl der Unsicherheit im ganzen Land anhält und erklärte, dass die Produktion entweder ins Ausland verlagert oder eingestellt wurde.

Kerner sagte: „Es gibt Aluminiumunternehmen, die ihre Produktion eingestellt haben, es gibt Hütten und Schmiede, die sagen, dass sie keine Arbeit mehr bekommen. Wir erhalten Nachrichten von Entlassungen, Insolvenzen und Ladenschließungen.“

Woher soll das Geld kommen?

Obwohl es in Deutschland viele Forderungen und Bemühungen zur Rettung der Branche gibt, besteht kein Konsens darüber, wie eine mögliche Subvention des Strompreises finanziert werden soll.

Zwar sind Habeck und andere Vertreter der Grünen nicht gegen eine zusätzliche Verschuldung Deutschlands, doch die im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung lässt dies nicht zu. Habeck, der sich dessen bewusst ist, sagt, dass die betreffenden Schulden nach der nächsten Wahl im Jahr 2025 aufgenommen werden könnten.

BDI-Chef Russwurm ist gegen die Aufnahme neuer Schulden. Russwurm wies darauf hin, dass der Staat ein Konsumproblem habe: „Wir müssen unsere Prioritäten im Staatshaushalt festlegen.“ Russwurm argumentierte, dass Deutschland den Unterschied zwischen dem, was es will, und dem, was es tun kann, erkennen sollte.

Habeck hofft weiterhin, dass seine Koalitionspartner SPD und FDP seine Idee zur Rettung der deutschen Industrie unterstützen. Im Rahmen der im November beginnenden Haushaltsverhandlungen sieht Habeck eine 50-prozentige Chance, einen Konsens über seinen geplanten Strompreiszuschuss zu erzielen.

Geht die Ära des Industriestandorts Deutschland zu Ende?

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D.W.

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