Nach dem gestrigen Rücktritt von Alexander Schallenberg in Österreich war klar, dass der bisherige Innenminister Karl Nehammer diese Lücke füllen würde. Der Bundesverwaltungsrat der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) hat Nehammer einstimmig zum Parteivorsitzenden und Ministerpräsidentenkandidaten gewählt.
Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz ist wegen Vorwürfen des Missionsmissbrauchs und der Bestechung vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgetreten und hat gestern seinen Abschied von den Ämtern des Parteivorsitzenden und des parlamentarischen Fraktionsvorsitzenden bekannt gegeben. Stunden nachdem Kurz seinen Abschied von der Politik verkündet hatte, reichte sein Nachfolger Alexander Schallenberg seinen Rücktritt als Ministerpräsident ein.
„Ich bin der festen Überzeugung, dass die Aufgaben des Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden in Österreichs stärkster Partei so bald wie möglich unter demselben Namen wahrgenommen werden sollten“, begründete Schallenberg seinen Rücktritt und sagte, er habe nie an eine Übernahme gedacht der ÖVP.
Dieser Entwicklung folgend wählte der ÖVP-Bundesvorstand Karl Nehammer zum Parteivorsitzenden und Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. „Es ist mir eine persönliche Ehre, diesen Vertrauensbeweis zu erhalten“, sagte Nehammer vor Journalisten in Wien.
Alexander Schallberg
Schallenberg übernimmt Außenministerium
Nehammer gab auch Auskunft über weitere Veränderungen im Kabinett. Bekanntgegeben wird der aus dem Ministerpräsidentenamt ausgeschiedene Schallenberg auf seine bisherige Mission im Außenministerium zurückkehren, Gerhard Karner die von ihm geleitete Mission des Innenministeriums übernehmen, Magnus Brunner wird neuer Finanzminister des Landes und Martin Polaschek der Bildungsminister. Es wurde bekannt, dass der andere Koalitionspartner, die Grünen, ihre Ministerien nicht ändern würden.
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen muss Nehammers Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten zustimmen, sieht dies aber als Formsache an. Laut der österreichischen Nachrichtenagentur APA werden Nehammer und der neue Ministerrat am Montagmorgen vereidigt.
Nehammer, 49, wird Österreichs fünfter Ministerpräsident seit 2016. In Österreich gibt es eine Koalitionsregierung aus ÖVP und Grünen.
Sebastian Kurz (rechts)
Harte Haltung gegen irreguläre Einwanderung und radikalen Islamismus
Der gebürtige Wiener Nehammer hat viele Jahre in der Bundeswehr gedient. Nehammer, der 2017 ins Parlament gewählt wurde, übernahm drei Jahre später das Amt des Innenministers.
Am 2. November 2020 wurde während des Innenministeriums von Nehammer eine radikal-islamistische Razzia in Österreich organisiert, bei der 4 Menschen getötet wurden. Vor dem Anschlag war das Innenministerium in Österreich wegen der Schwachstellen der Sicherheitsbehörden in die Kritik geraten. Mehr als einmal versäumten es die Sicherheitsbehörden, Möglichkeiten zu prüfen, auf die von Angreifern ausgehende Bedrohung zu reagieren, so die Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses.
Nehammer ist in der österreichischen Öffentlichkeit für seine kompromisslose Haltung gegen unsystematische Einwanderung und radikale islamistische Bewegungen bekannt.
AFP, dpa, Reuters/EC, JD
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