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Vier Tage arbeiten, fünf Tage bezahlt werden!

45 Unternehmen und Organisationen in Deutschland werden in den nächsten sechs Monaten die Umsetzung einer Vier-Tage-Woche testen. Die Mitarbeiter erhalten ihr volles Gehalt, arbeiten jedoch weniger Stunden im Büro (oder im Homeoffice). Koordinator des Projekts ist die Unternehmensberatung Intraprenör, die mit der gemeinnützigen Organisation „4 Day Week Global“ (4DWG) zusammenarbeitet.

Doch wie wird dies umgesetzt? Und das in einem Umfeld, in dem viele Unternehmen in Deutschland von der Idee qualifizierter Arbeitskräfte angezogen werden! Wäre es nicht produktiver, mehr statt weniger zu arbeiten?

Befürworter der Einführung einer Vier-Tage-Woche geben an, dass diese eine Teillösung für den Fachkräftemangel sein könne, da sie die Produktivität der Arbeitnehmer erhöhe. Wer im Vergleich zu ihnen vier statt fünf Tage pro Woche arbeitet, ist motivierter und damit produktiver. Darüber hinaus können auf diese Weise auch Personen beschäftigt werden, die aus verschiedenen Gründen nicht bereit oder verfügbar sind, fünf Tage in der Woche zu arbeiten. Dadurch könnte der Fachkräftemangel verringert werden.

Eigentlich ist diese Praxis nicht neu. In einigen Ländern wurde es bereits als Pilotprojekt getestet oder wird weiterhin getestet. Die Organisation 4DWG führt diese medizinischen Pilotprogramme seit 2019 in Großbritannien, Südafrika, Australien, Irland und den USA durch. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation haben bisher mehr als 500 Unternehmen an diesem Programm teilgenommen. Die erzielten Ergebnisse bestätigen die Hoffnung auf positive Effekte.

Erfolgreicher Prozess in England

Im Vereinigten Königreich beispielsweise nahmen 2.900 Mitarbeiter an einem Experiment mit einer viertägigen Arbeitswoche teil. Die Teilnehmer arbeiteten in verschiedenen Branchen wie Finanzen, IT, Bauwesen, Online-Handel, Animationsstudios, Marketing sowie Lebensmittel und Getränke.

Laut Forschern aus Cambridge und Boston sank die Zahl der Krankheitstage von Mitarbeitern um fast zwei Drittel. Fast 40 Prozent der Mitarbeiter gaben an, dass sie sich weniger gestresst fühlten als vor dem Experiment. Darüber hinaus sank die Zahl der austretenden Mitarbeiter um 57 Prozent. Aber das Beste: Die Forscher beobachteten eine durchschnittliche Umsatzsteigerung von 1,4 Prozent. 56 der 61 an der Untersuchung beteiligten Unternehmen entschieden sich für die Fortsetzung der Vier-Tage-Woche nach Ende der Testphase.


„Es ist Zeit für eine 4-Tage-Woche“, heißt es auf einem Transparent, das ein Aktivist auf der 1.-Mai-Demonstration in Erfurt trug. Foto: Michael Reichel/dpa/picture Alliance

Es gibt auch Menschen, die nicht daran interessiert sind, weniger zu arbeiten.

Neiden andere Mitarbeiter in Deutschland die Testprojektteilnehmer im Vier-Tage-Schicht-Experiment? Laut einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung würden fast drei Viertel der Vollzeitbeschäftigten gerne vier Tage zum gleichen Preis arbeiten. Weitere 8 Prozent befürworten eine Arbeit an vier Tagen in der Woche, allerdings zu einem günstigeren Preis. Allerdings wollen 17 Prozent der Teilnehmer keine Arbeitszeitverkürzung.

Beschäftigungsexperten bleiben skeptisch

Enzo Weber, Arbeitsmarktexperte an der Universität Regensburg und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, betont, dass sich für solche Projekte nur Unternehmen bewerben, deren Arbeitsablauf für eine Vier-Tage-Woche geeignet ist, also nur ein kleiner Teil des Arbeitsmarktes ist hier vertreten. Unternehmen sollten im Rahmen eines solchen Antrags nicht nur die Arbeitszeit verkürzen, sondern auch ihre Geschäftsprozesse und Organisationsstruktur ändern. Eine Steigerung der Produktivität müsse nicht unbedingt an das Land bzw. das Land mit kürzeren Arbeitszeiten geknüpft sein, betont Weber .

Weber ist der Ansicht, dass die positiven Ergebnisse auch in Frage gestellt werden sollten, da die Verkürzung der Arbeitstage höchstwahrscheinlich zu einer Erhöhung der Arbeitsbelastung führen würde. Er argumentiert außerdem, dass soziale, kommunikative und innovative Elemente am Arbeitsplatz in den Hintergrund gedrängt werden und fügt hinzu: „Die Folgen davon spüren Unternehmen in der Regel nicht unmittelbar, sondern mittelfristig.“ Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem vorliegenden Pilotprojekt nur um die Folgen handelt für sechs Monate vorgesehen.“

Zweifel am Produktivitätswachstum

Auch Holger Schäfer, Experte am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, ist der Ansicht, dass die bundesweite Einführung der Vier-Tage-Arbeitszeit einen gegenteiligen Effekt haben wird. „Obwohl es aus mikroökonomischer Sicht logisch erscheinen mag: Wenn alle Unternehmen ihre Arbeitszeit reduzieren, wird dies zu einem erheblichen Defizit bei der Arbeitszeit führen“, sagt Schäfer.

Schäfer weist zudem darauf hin, dass es derzeit keine Anzeichen dafür gibt, dass sich die Produktivität durch eine Arbeitszeitverkürzung wesentlich steigern lässt: „Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit von fünf auf vier Tage entspricht einer Reduzierung der Arbeitszeit um 20 Prozent. Um den daraus resultierenden Rückgang zu kompensieren.“ Produktion muss die Stundenproduktivität um 10 Prozent gesteigert werden.“ „Es muss um 25 Prozent gesteigert werden. Ich halte das für ziemlich utopisch.“

X-Arbeitstage-pro-Woche-Modell

Dass eine Vier-Tage-Woche für manche Unternehmen durchaus produktiv sein kann, zeigt sich besonders im Handwerk. Laut Jörg Dittrich, Vorsitzender des Bundesverbandes des Deutschen Handwerks, werden dadurch die Arbeitgeber attraktiver und damit ihre Wettbewerbschancen bei der Beschäftigung qualifizierter Arbeitskräfte erhöht. Allerdings funktioniert eine Vier-Tage-Woche möglicherweise nicht in jedem Handwerksbetrieb gleich gut.

Auch Enzo Weber, Arbeitsmarktexperte der Universität Regensburg, favorisiert Einzelbewerbungen nach Bedarf. Er nennt dies das „X-Arbeitstage-pro-Woche-Modell“. Mit diesem Angebot erhält es auch Unterstützung von KMU. Christoph Ahlhaus, Vorsitzender des Bundesverbands des deutschen Mittelstands, sagt, dass die individuelle Analyse zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten die beste Methode sei. Auf der anderen Seite lehnen KMU staatliche Eingriffe ab, die weniger Arbeitsstunden bei vollem Preisausgleich vorsehen.

Trotz aller kritischen Argumente plädiert die IG Metall, die Arbeitnehmervertretung der Metallindustrie, seit langem für kürzere Arbeitszeiten. In diesem Zusammenhang ist in der Stahlindustrie die wöchentliche Arbeitszeit auf 35 Stunden begrenzt.

D.W.

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